Projekt Schwalbenhaus in Wolfartsweier

Nach längerer Planungszeit wurde im Karlsruher Stadtteil Wolfartsweier am Mittwoch, den 06.06.2024 um 13:00 Uhr auf dem Gelände des ev. Gemeindezentrums in der Nordoststraße ein sog. „Schwalbenhaus“ errichtet.

Ein Schwalbenhaus ist ca. 5 Meter hoch mit einer Nistplattform (2 m x 2m), an der Kunstnester angebracht werden. Auch Nisträume für Fledermäuse können integriert werden. Standorte in der Nähe vorhandener Kolonien werden am schnellsten angenommen.

 

Ein Schwalbenhaus ist allerdings eine kostspielige und aufwändige Angelegenheit, die nicht von Einzelpersonen geleistet werden kann. Positive Erfahrungen haben wir mit dem Schwalbenhaus in Neureut gemacht, wo im letzten Jahr 26 Nester besetzt waren; deshalb hat der NABU Karlsruhe beschlossen, unterstützt von der Ortsverwaltung Wolfartsweier und der evangelischen Kirchengemeinde, ein Schwalbenhaus aufzustellen.

 

Es wurde fachgerecht von der Zimmerei Brand in Malsch-Völkersbach angefertigt und aus namhaften Zuwendungen der Artenschutzstiftung des Karlsruher Zoos, der NABU-Naturschutzstiftung, Spenden der NABU-Mitglieder, der Arbeitsgemeinschaft Karlsruher Bergdörfer, den Pfadfindern aus Wolfartsweier sowie von naturfreundlichen Bürgern) finanziert. Das Tiefbauamt hat mit der Herstellung des Fundaments ebenfalls einen wichtigen Beitrag geleistet.

 

Hierfür bedanken wir uns sehr herzlich!

 

 

 06.06.2024

Bericht: Artur Bossert

Fotos: Uwe Schmidt

 

Welches sind die Gründe für dieses Projekt?

Jahrhunderte lang gehörten Rauch- und Mehlschwalben ganz selbstverständlich in jedes Dorf, auf jeden Bauernhof und auch in jede Stadt. Ihr fröhliches Gezwitscher lässt gute Laune aufkommen – sie sind die Vorboten des Sommers! Schwalben haben auch aus kulturhistorischer Sicht einen hohen ideellen und emotionalen Wert. Sie sind Sympathieträger und gelten als Glücksbringer.

 

Schwalben sind Indikatorarten für einen intakten und artenreichen Siedlungsraum. Außerdem leisten die Schwalben als Insektenjäger einen wesentlichen Beitrag zur Kontrolle von Parasiten- und Schädlingspopulationen. Mit etwa 80 % bilden Fliegen, Mücken und Blattläuse den Hauptanteil ihrer Nahrung. Schwalben spüren große Schwärme von Insekten in ihrem Brutgebiet auf und fliegen diese gezielt an. Größere Kolonien von Schwalben sind damit z. B. in der Lage, für die Landwirtschaft aktive Schädlingsbekämpfung zu betreiben.

Schwalbenhaus Wolfartsweier, Foto: J. Warzecha
Schwalbenhaus Wolfartsweier, Foto: J. Warzecha

„Wenn Schwalben am Haus brüten, geht das Glück nicht verloren“ – so ein Sprichwort. Dieser enge Bezug zum Menschen hat jedoch nicht verhindern können, dass die Schwalben in ganz Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten immer seltener geworden sind. Auch in Karlsruhe fand innerhalb von wenigen Jahren ein dramatischer Rückgang der Bestände statt. Der Grund liegt vor allem in der Beeinträchtigung der Lebensräume sowie am Insektenrückgang. Versiegelung von Feldwegen, Höfen und Dorfplätzen, Umwandlung von Grünland in intensiv genutzte Äcker, das Verschwinden innerörtlicher landwirtschaftlicher Betriebe mit Viehhaltung, dem Einsatz von Insektiziden sowie in jüngerer Zeit modernen Fassadenbauweisen und Hygienevorschriften. Schwalben finden auch oftmals keinen lehmigen Boden zum Bau ihrer Nester mehr, können ihre Nester an den glatten Fassaden nicht befestigen. Auch sind sie sogar der Nachstellung durch den Menschen ausgesetzt. Immer weniger Hausbesitzer dulden Schwalbennester an/in ihren Gebäuden wegen der Verschmutzung durch Kot. Das Abschlagen von Naturnestern ist überdies gesetzlich verboten!

Noch freuen wir uns über die Rückkehr der Schwalben, die endlich den Sommer verkünden. Doch was, wenn bald gar keine Schwalben mehr am Sommerhimmel fliegen?

 

 

Mit seiner Aktion „Schwalben willkommen“ will der NABU den Vögeln helfen. Auch das Umweltamt fördert seit einigen Jahren den Schwalbenschutz nach Kräften.

 

Die Mehlschwalbe, um die es hier geht, besiedelt vor allem menschliche Siedlungen vom Einzelgehöft bis in die Städte und baut ihre Nester bevorzugt an der Außenseite von Gebäuden, z.B. gern unter Dachüberständen. Der Anflug zum Nest muss frei sein, z.B. an der Straßenseite, ohne störende Bäume. Sie baut Nester aus Lehmkügelchen an rauen Außenwänden unter Dachvorsprüngen. Die Gebäude sind meist höher als vier Meter, der Anflug muss frei sein. Die halbkugeligen Nester sind bis auf einen kleinen Einflugspalt geschlossen. Sie brütet gesellig, also in Kolonien. Jungvögel siedeln sich in der Kolonie an, in der sie aufgewachsen sind, oder zumindest in der Nähe. Weil große Kolonien in der heutigen Zeit selten geduldet werden, gibt es immer häufiger Einzelbruten, z.B. im Giebel eines Reihenhäuschens oder in einem Hauseingang.

 

An modernen, glatten Fassaden haften die Nester oft nicht gut. Oder der verfügbare Boden in der Umgebung hält nicht richtig zusammen, so dass die Nester abfallen, wenn die Jungen größer und schwerer werden. Eine ganze Schwalbenkolonie wird verloren gehen, z.B. weil ein Gebäude abgerissen oder die Fassade renoviert werden muss. Ein solcher Eingriff fällt unter das Artenschutzrecht und muss in jedem Fall der Unteren Naturschutzbehörde gemeldet und von dort aus begleitet werden. In der Regel muss dann ein Ersatznistraum für die Schwalben geschaffen werden. Falls dieser nicht an einem benachbarten Gebäude – z.B. durch Anbringung von Kunstnestern möglich ist, bieten sich Schwalbenhäuser für Mehlschwalben an als bewährte und nachhaltige Maßnahme zum Schwalbenschutz. Diese fördern die Neugründung einer Kolonie, sichern vorhandene Kolonien beispielsweise durch bauliche Veränderungen an einem Gebäude, siedeln Schwalben an „unproblematischen“ Stellen an (keine Verschmutzung von Hauswänden) und bieten naturpädagogische Möglichkeiten für Kindergärten, Schulen (siehe unser Bericht).

 

 

Text: Artur Bossert

06.06.2024