Der NABU verleiht Ettlinger Kirchen die Auszeichnung

„Lebensraum Kirchturm“

Gleich zwei Kirchen der Katholischen Kirchengemeinde Ettlingen wurden am vergangenen Wochenende für ihr Engagement im Artenschutz geehrt. Am Samstag, dem Martinstag, konnte Artur Bossert vom NABU-Kreisverband die Urkunde und Plakette „Lebensraum Kirchturm“ im Rahmen des Patroziniumsfestes in der St. Martins-Kirche die Auszeichnung an Pfarrer Heringklee überreichen; gleiches erfolgte am Sonntag in der Herz-Jesu-Kirche durch die NABU-Beirätin Christina Seifried.

Was hat es damit auf sich?

 

Seit langem werden die dort erfolgreich brütenden Tierarten vom NABU betreut und durch Nisthilfen gefördert: Dohlen, Turmfalken, Mauersegler, Hausrotschwanz, Haussperling, aber auch Fledermäuse wie das Graue Langohr, die Breitflügelfledermaus und Zwergfledermäuse. Beide Kirchen wurden nun über mehrere Jahre aufwendig renoviert: die Dächer mit Schiff, Turm und Chörle wurden ausgebessert, das Dachgebälk teilweise erneuert, es musste Dämmmaterial entfernt und neue Dacheindeckungen installiert werden; ebenso waren Steinmetzarbeiten erforderlich. Um dem Artenschutz gerecht zu werden, wurden die Sanierungsmaßnahmen in enger artenschutzfachlicher Begleitung durch Fachgutachter im Rahmen einer ökologischen Baubegleitung mit bauzeitlicher Absprache und Monitoring durchgeführt. Deshalb fanden die Arbeiten in bauzeitlichen Abschnitten statt, um die Bruten nicht zu stören. So konnten die bestehenden Lebensstätten erhalten werden, wie z. B. die für Fledermäuse in den groben Steinmauern an der Ostfassade und zwischen die Mauerfugen an der Steinmauer zwischen Turm und Schiff, ebenso alle Schlupflöcher am Dach unter der Traufe für Mauersegler, Haussperling und Hausrotschwanz. Auch wurden die alten Balken mit Spalten und Hängeplätze für Fledermäuse im Dach des Schiffes möglichst nicht entfernt und bei neu verbauten Balken keine Imprägnierung oder andere Holzschutzbehandlung angewandt.

 

Aber auch zusätzliche Maßnahmen, angepasst an den Denkmalschutz, wurden getroffen: zwei neue Nistkästen, nutzbar für Turmfalken, Dohlen oder Eulen wurden an St. Martin eingebaut, neue Fledermauszugänge im Dach des Schiffes, die für Tauben, Dohlen und Waldkauz undurchlässig sind wurden geöffnet, die Fenster im Kirchenschiff für die Fledermäuse abgedunkelt. An der Herz-Jesu-Kirche wurden zusätzlich 3 Nistkästen für Dohlen installiert.

Die mit der Bauleitung betrauten Architekten, insbesondere Herr Buchmüller sowie Herr Schodrok waren von Anfang an sehr für die Artenschutzbelange aufgeschlossen und bei Bedarf stets zu Stelle, wenn es nötig war. Gleiches gilt auch für die verschiedenen Handwerksbetriebe, die hervorragend und sehr konstruktiv die Maßnahmen umsetzten. Demnächst wird Herr Buchmüller die Plaketten an geeigneter Stelle neben den Kirchentürmen anbringen.

 

 

Turmfalke: Foto Buchmüller
Turmfalke: Foto Buchmüller

Das Projekt Lebensraum Kirchturm startete der NABU zusammen mit dem „Beratungsausschuss für das deutsche Glockenwesen“ im Jahr 2007. Damals war der Turmfalke Vogel des Jahres. Er ist eigentlich Felsenbrüter, aber als Kulturfolger wie Schleiereule und Dohle ein typischer Bewohner hoher Türme und dringend auf diese Lebensstätten angewiesen. Aber leider waren früher die meisten Kirchtürme vergittert und für diese Tiere unzugänglich.

Deshalb sollten nicht nur neue Zugänge zu den Türmen geschaffen, sondern auch die Nistplätze der bedrohten Arten erhalten und neue Brutmöglichkeiten geschaffen werden.

Dohle, Foto: Buchmüller
Dohle, Foto: Buchmüller

 

So entstand die Idee des Projekts „Lebensraum Kirchturm“, die sich seitdem sehr erfolgreich entwickelte: mittlerweile konnten bundesweit mehr als 1.100 Kirchen mit Plakette und Urkunde ausgezeichnet werden, davon allein in Baden-Württemberg mehr als 250.

  Damit hat unser Bundesland mit Abstand den ersten Platz belegt. NABU und Kirchengemeinde sind sehr stolz auf die Ehrung und hoffen nun, dass die tierischen Bewohner ihrer markanten, die Stadt Ettlingen prägenden Türme auch in der Zukunft ihren Nachwuchs ungestört großziehen können!

 

 

Text: Artur Bossert

Fotos: Buchmüller

 

14.11.2023