Wir waren auf Krautschau

Anregung zum Nachahmen

Die meisten Menschen dürften mit großen Städten eine naturferne Umgebung in Verbindung bringen, die von Versiegelung, Autoverkehr, Lärm und Abfall geprägt ist und für Pflanzen und Tiere kaum geeignete Lebensräume bietet. Doch ein genauerer Blick zeigt, dass an vielen Stellen mitten in der Stadt Grünes am Straßenrand und aus Betonritzen sprießt, sogar in einer überraschenden Artenvielfalt – oft so unscheinbar, dass man schon sehr genau hinsehen muss. Schon lange haben sich verschiedenste Wildblumen und Kulturpflanzen Pflasterfugen und andere städtische Nischen erobert und wachsen Jahr für Jahr. Moose und die sehr kleinen und unauffälligen Wildpflanzen werden leicht übersehen, aber selbst höher wachsende Gräser und Kräuter oder selbst Bäumchen bleiben im hektischen Alltag vieler Menschen in der Stadt gänzlich unbeachtet. Sie scheinen sich unterhalb einer Wahrnehmungsschwelle zu befinden, man geht ständig an ihnen vorbei, aber sieht sie gar nicht. Um diesem auch schon als „Pflanzenblindheit“ bezeichneten Phänomen entgegen zu wirken, gibt es die Krautschau. Ursprünglich von einem französischen Botaniker initiiert, breitet sich die Idee seit einigen Jahren in Europa aus und wird seit 2021 auch in Deutschland bundesweit von der Frankfurter Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung koordiniert und in die Tat umgesetzt.

 

Hier einige Eindrücke unserer Krautschau 2025 rund um den Kronenplatz in Karlsruhe: die mittels App oder Buch bestimmten Pflanzennamen werden dann öffentlichkeitswirksam mit Kreide auf der Straße markiert

 

Als besonders ergiebige Lebensräume erwiesen sich Fahrradständer - wobei manche der dort abgestellten Fahrräder sich schon selbst in kleine Habitate verwandelt hatten:

Das Schöne an dieser Aktion ist, dass man auch ohne Vorkenntnisse mitmachen kann.

 

Meine "Lieblingspflanze" bei unserer Krautschau war der mir bis dahin unbekannte, bzw. nicht aufgefallene Kompass-Lattich (Lactuca serriola). Die Pflanze hat am Stängel wechselständig verteilte Blätter, die oft senkrecht stehen und häufig nach Norden bzw. Süden weisen. Warum ist das so? Diese Art verfügt über eine ausgeprägte Anpas-sung an Trockenheit und Sonneneinstrahlung: Blätter an sonnigen Stellen befinden sich in „Kompass-Stellung“: Die Spreite steht senkrecht, ihre Schmalseite ist in Nord-Süd-Richtung ausgerichtet, parallel zur Sonneneinstrahlung. Damit sind die Blattspreiten dem weniger intensiven Sonnenlicht des Vor- und Nachmittags voll ausgesetzt. Beim mittäglichen Sonnenhöchststand weisen aber die Blattkanten der Sonne entgegen.

 

Faszinierend! Seitdem fällt sie mir überall auf!

 

Fazit:

uns allen hat diese Aktion  sehr viel Spaß gemacht. 

Und man lernt ganz nebenbei eine Menge interessante Pflanzenarten kennen, kann etwas über Biodiversität in der Stadt und die faszinierenden Leistungen der kleinen grünen "Ritzenrebellen" erfahren. Das Citizen Science Projekt schafft so spielerisch ein Bewusstsein für die Naturvielfalt vor unserer Haustür, dient sowohl der eigenen Weiterbildung als auch der Forschung.

 

Gerne selbst mal ausprobieren!

 

 

Text und Fots:

 

Mari Däschner (Buzo)

Cornelia Buchta (NABU)